Rückblick auf die vergangene Börsenwoche
Konjunktur und Wachstumsprognose
Die US-Wirtschaft könnte im Laufe des Jahres 2024 aufgrund einer nachlassenden Nachfrage erheblich an Schwung verlieren. Die US-Frühindikatoren kamen zuletzt mehrheitlich zurück. Dennoch erwarten wir jetzt keine Rezession mehr. Die Renditen von US-Staatsanleihen sind gegenüber ihrem Hoch Ende Oktober wieder um rund 80 Basispunkte gefallen, was die Bremswirkung der Zinsen mindert. Zudem stützen die gute Entwicklung von Aktien und Hauspreisen sowie die gefallenen Kraftstoffpreise die Konsumlaune. Das US-BIP ist im zweiten Halbjahr 2023 deutlich stärker gewachsen als in den sechs Monaten davor, sodass das erste Halbjahr 2024 von einem Basiseffekt profitiert. All diese Faktoren haben uns dazu veranlasst, die US-Wachstumsprognose für das Jahr 2024 von 1,0 % auf 2,0 % anzuheben.
Zinsumfeld und Inflation
Die US-Inflation zeigt sich hartnäckiger als erwartet. Im Februar zogen die US-Konsumentenpreise in saisonbereinigter Rechnung um 0,4 % gegenüber dem Vormonat an. Hauptverantwortlich für den Preisanstieg waren die Bereiche Wohnen und Tanken. Im Jahresvergleich stieg der US-Konsumentenpreisindex um 3,2 % und landete damit erneut leicht über den Konsensschätzungen. Diese waren von einer Stagnation der Teuerungsrate auf dem Januar-Niveau ausgegangen (+3,1 %). Eine Senkung der US-Leitzinsen vor Juni 2024 dürfte nun endgültig vom Tisch sein. Im Wochenverlauf kletterten die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen deutlich und notierten in der Spitze bei 4,29 %.
Aktienmärkte und Kryptowährungen
Runde Marken spielen eine wichtige Rolle in der Anlegerpsychologie: Viele Akteure messen ihnen eine Bedeutung bei. Daher überdenken sie häufig ihre Positionierungen, sobald solche Schwellen über- oder unterschritten werden. Etwa beim DAX 18.000 Punkte, beim Euro Stoxx 50 5.000 Punkte, oder im Falle von Bitcoin 70.000 US-Dollar. Der jüngste Run auf Kryptowährungen ist ein Indikator für die bisweilen euphorische Stimmung gegenüber Risikoassets. In der aktuell markttechnisch überkauften Lage werden Gewinnmitnahmen wahrscheinlicher.
Rohstoffe
Spekulationen auf baldige Zinssenkungen in den USA haben den Goldpreis Ende letzter Woche mit 2.195 US-Dollar auf ein neues Allzeithoch getrieben. Zwar rechnen auch wir mit Zinssenkungen in den USA bis Jahresende von 125 Basispunkten. Das bedeutet jedoch, dass selbst Ende 2024 immer noch Geldmarktzinsen um die 4 % in den USA wahrscheinlich sind. Die Konkurrenz durch attraktive Konditionen am Geldmarkt dürfte auch in den kommenden Monaten dazu führen, dass die ETCs bei Gold weiter auf der Verkaufsseite stehen. Nach Verkäufen von rund 250 Tonnen im Vorjahr haben die ETCs im laufenden Jahr bereits mehr als 115 Tonnen Gold abgestoßen
Ausblick auf die kommende Börsenwoche
Zinssenkungserwartungen und US-Preisdaten
Die US-Notenbank (FED) wird voraussichtlich ihre Leitzinsen auf der Sitzung in der kommenden Woche unverändert lassen, wobei das Zielband für die FEDFunds bei 5,25%-5,50% bleiben würde, wo es seit Juli 2023 unverändert ist. Die FED dürfte auch dieses Mal eine Zinssenkung nicht für angemessen halten. Für eine Zinssenkung benötigt sie mehr Zuversicht, dass sich die Inflation nachhaltig in Richtung 2% bewegt.
Die Gründe dafür sind klar. Die Verbraucher- und Erzeugerpreise haben im Februar enttäuscht. Die Verbraucherpreise stiegen in den beiden ersten Monaten des Jahres kräftig an und die Kernrate der Inflation liegt mit 3,8% kaum niedriger als in den Monaten zuvor. Die kurzfristige Preisentwicklung, also beispielsweise die Preisveränderungen in den letzten drei Monaten, deutet auf einen zunehmenden Inflationsdruck hin. Die Erzeugerpreise stiegen im Februar sogar deutlich stärker an als erwartet. Die FED kann sich in ihrer oft geäußerten Vorsicht bestätigt fühlen. Eine kurzfristige Zinssenkung steht damit nicht an, FED-Chef Powell wird in der Pressekonferenz auf die Daten verweisen. Sollte sich der Trend fortsetzen, könnte eine Zinssenkung, die wir nach wie vor im Juni erwarten, nach hinten verschoben werden. Bei den Zinserwartungen der FED, den sogenannten „Dot Plots“, dürfte es keine Veränderung geben, die FED sollte weiterhin drei Zinssenkungen in diesem Jahr vollziehen.
Bilanznormalisierung der FED
Die FED hat bereits angekündigt, dass sie auf der März-Sitzung in die Diskussion um das weitere Vorgehen bei der Bilanznormalisierung („Quantitative Tightening“, QT) einsteigen wird. Bisher wurde das Wertpapierportfolio der FED um über 1,4 Billionen Dollar verringert, ein Rückgang um 17%. Der Abbau dürfte noch in diesem Jahr beendet werden und die FED in dieser Sitzung ein Auslaufen von QT auf den Weg bringen.
Konjunkturausblick für den Euroraum
Im Euroraum haben die Stimmungsindikatoren zuletzt die Hoffnung geweckt, dass die Wirtschaft nach sechs Quartalen Stagnation im Frühjahr wieder in die Wachstumsspur zurückfindet. Nächste Woche werden die Erstschätzungen für die Einkaufsmanagerindizes im Euroraum veröffentlicht. Es gibt berechtigte Hoffnungen, dass die Indizes sich verbessern. Die Industrie scheint sich weltweit zu stabilisieren. Die bremsende Wirkung der häufig massiven Zinserhöhungen in vielen Ländern lässt langsam nach. Zudem dürfte der Rückgang der Energiepreise die energieintensive Produktion teilweise wieder rentabel machen. Entsprechend gehen wir davon aus, dass der Einkaufsmanagerindex für die Industrie seine Aufwärtsbewegung im März wieder aufgenommen hat. Es wird erwartet, dass der Einkaufsmanagerindex für den Euroraum für die Industrie im März von 46,5 auf 47,5 angestiegen ist. Sein Tief lag bei 42,7 Punkte im Juli 2023. Von einer Erholung der Industrie wird auch die unternehmensnahen Dienstleistungen profitieren. Zudem stärken die kräftigen Lohnzuwächse bei nachlassender Inflation die Kaufkraft der Arbeitsnehmerhaushalte, die wichtigste Determinante des privaten Verbrauchs. Wir erwarten, dass der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor, das verlässlichste Konjunkturbarometer für den Euroraum, sich im März weiter leicht von 50,2 auf 50,5 verbessern und damit den zweiten Monat in Folge ein leichtes Wachstum der Wirtschaft signalisieren wird.
Anleihen und Zinssenkungserwartungen
Nach den jüngsten Preisdaten aus den USA hat sich die Diskussion darüber intensiviert, ob die US-Notenbank ihre Zinssenkungen möglicherweise später beginnen könnte. Im Vorfeld der FED-Sitzung könnten daher die Staatsanleihen unter Druck geraten. Im Euroraum sind für die kommende Woche zahlreiche Reden von Vertretern der Europäischen Zentralbank (EZB) geplant, die möglicherweise Auswirkungen auf die Bundesanleihen haben könnten.
Aktienmärkte und Preisdaten
Nachdem die über den Erwartungen liegenden US-Preisdaten dem jüngsten Rekordlauf an den Aktienbörsen einen leichten Dämpfer versetzt haben, könnten die Anleger vorerst etwas zurückhaltender agieren. Im Vorfeld der wichtigen FED-Sitzung zur Wochenmitte könnten die Indizes daher eher auf ihren aktuellen Niveaus verharren.
Quellen:
Commerzbank Markteinschaetzung Wochenausblick
LBBW Kapitalmaerkte_Weekly