Die Woche: ein Rück- und Ausblick auf KW 20/ 2024

Rückblick auf die vorangegangene Börsenwoche:

Kapitalmärkte: US-Arbeitsmarktbericht und Leitzinssenkungsphantasie

Der schwächer als erwartet ausgefallene US-Arbeitsmarktbericht vom vergangenen Freitag hat in dieser Woche einen markanten Stimmungswechsel an den Kapitalmärkten ausgelöst. Die Zuversicht vieler Investoren ist nach den Arbeitsmarktdaten wieder deutlich gestiegen, dass die US-Notenbank doch eine Reihe von Leitzinssenkungen im Jahr 2024 durchführen könnte. Am Donnerstag sorgte zudem der deutliche Anstieg der US-Erstanträge für Arbeitslosenhilfe für Leitzinssenkungsphantasie. In diesem Umfeld sind die Renditen für zehnjährige Anleihen in den vergangenen fünf Handelstagen im Euroraum um 6 Basispunkte auf 2,48% und in den USA um 11 Basispunkte auf 4,47% gefallen. Die rückläufigen Renditen waren ein wichtiger Grund für deutlich steigende Aktienkurse. Der DAX sprang um 4,4% auf ein neues Rekordhoch, der Stoxx 600 gewann 2,7% und der S&P 500 3,0%.

Konjunktur: Deutsche Daten und Wachstumsprognosen

Deutsche Konjunkturdaten zeigten in dieser Woche ein gemischtes Bild. Die Exporte legten zwar mit 0,9% m/m stärker zu als erwartet, doch die Auftragseingänge enttäuschten mit einem Rückgang um 0,4% m/m. Insgesamt haben sich die Konjunkturperspektiven für Deutschland und den Euroraum zuletzt aufgehellt. Der von Bloomberg ermittelte Volkswirte-Konsensus für das Wachstum im Euroraum im Jahr 2024 wurde zuletzt mit 0,6% erstmals wieder nach oben revidiert. Für die USA erwartet der Konsensus ein Wachstum von 2,4%

Gewinnsaison: DAX-Unternehmen und Bankensektor

Die DAX-Gewinnsaison bot in dieser Woche ein gemischtes Bild. Auf der positiven Seite erhöhte Henkel seine Prognose für das Umsatzwachstum, Infineon stellte ein Sparprogramm in Aussicht und Siemens Energy vermeldete einen Rekord-Auftragsbestand von 119 Mrd. EUR. Auf der anderen Seite ging bei BMW der Gewinn im ersten Quartal aufgrund höherer Produktionskosten um 20% zurück, und die Deutsche Post verkündete einen um 3% sinkenden Umsatz und einen um 20% schrumpfenden operativen Gewinn. Die Erwartungen der Analysten für die Unternehmensgewinne der DAX-Unternehmen haben sich zuletzt stabil entwickelt. In Europa profitierte der Bankensektor in dieser Woche von positiv aufgenommenen Quartalsberichten von UBS und Unicredit, während in den USA Walt Disney unter enttäuschenden Einnahmen im TV-Geschäft und mit Kino-Produktionen litt.

Währung und Goldpreis: Euro und Gold profitieren

Der Euro wertete gegenüber dem US-Dollar in den vergangenen fünf Handelstagen um 0,8% auf 1,077 USD auf. Der Goldpreis profitierte von dem schwächeren US-Dollar und legte um 1,5% zu.

Ausblick auf die Börsenwoche:

Konjunkturdaten und Berichtssaison

In der kommenden Woche rücken vor allem Konjunkturdaten aus den USA und China in den Fokus. Besonders die US-Preisdaten stehen unter Beobachtung, da die Geldpolitik der US-Notenbank maßgeblich davon abhängt. Nachdem die Inflation in den USA im letzten Jahr deutlich nachgelassen hatte, gab es im ersten Quartal keine Fortschritte mehr in Richtung des Notenbankziels einer Inflationsrate von 2%. Für den April wird nur ein etwas geringeres Plus der Preise erwartet. Insbesondere bei den arbeitsintensiven Dienstleistungen lassen die stark zunehmenden Lohnkosten die Preise wohl weiterhin überdurchschnittlich steigen.

US-Notenbank und Inflation

Trotzdem wäre die Inflationsrate für die US-Notenbank zu hoch, aber die unterliegende Inflation würde zumindest etwas abnehmen. Letztlich dürfte entscheidend sein, dass die Fed ihre Geldpolitik als ausreichend restriktiv einstuft, also davon ausgeht, dass sie früher oder später die Inflation ausreichend dämpft. Es wird weiterhin erwartet, dass die Fed ihre Leitzinsen erst im Dezember senken wird.

Wichtige US-Daten und Berichtssaison

Nächste Woche werden wichtige US-Daten gemeldet. Am Mittwoch werden die Einzelhandelsumsätze bekannt gegeben, die auch im April weiter zugelegt haben dürften. Am Donnerstag folgen die Wohnungsbaudaten und die Industrieproduktion für April. Am Freitag stehen wichtige Daten aus China an wie die Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion.

Die Berichtssaison geht in den USA und im Euroraum in die nächste Runde. Allerdings haben schon mehr als 80% der Unternehmen in den beiden Regionen berichtet, in Japan sind es erst knapp 40%. Dabei zeigt sich weiterhin klar ein besserer Gewinntrend in den USA als im Euroraum. Im S&P 500 haben 88% der Unternehmen berichtet, und 78% dieser Unternehmen haben die Erwartungen übertroffen. Die Gewinne lagen um 5% über den Vorjahresgewinnnen. Im europäischen Stoxx 600 haben 81% der Unternehmen berichtet, und 58% dieser Unternehmen haben die Erwartungen übertroffen. In Europa lagen die Gewinne jedoch 8% unter den Vorjahresergebnissen.

Die “Glorreichen Sieben” und Nvidia

Bisher haben sechs der sogenannten „Glorreichen Sieben“-Unternehmen berichtet. Im Schnitt haben die Aktien über 20% in diesem Jahr zugelegt. Nvidea berichtet erst am 21. Mai die Quartalszahlen. Die Nvidea-Aktie hat in diesem Jahr um fast 80% zugelegt, allerdings im April zwischenzeitlich einen deutlichen Rückschlag erlitten.

Berichte von Unternehmen in Deutschland, Europa und den USA

Nächste Woche berichten unter anderem in Deutschland Allianz, Bayer, Deutsche Telekom, E.ON und Siemens, in Europa Engie, Richemont und Vodafone und in den USA Applied Materials, Cisco, Home Depot und Walmart.

Konjunktur in Deutschland

Nach zwei aufeinanderfolgenden Anstiegen sank die Industrieproduktion in Deutschland im März, wie erwartet, wieder. Laut Destatis fiel die reale Produktion im produzierenden Gewerbe im Vergleich zum Vormonat um 0,4 %, während ein Rückgang von 3,3 % gegenüber dem Vorjahresmonat zu verzeichnen war. Zusätzlich korrigierte die Behörde den Wert für Februar von 2,1 % auf 1,7 % nach unten. Die reine Industrieproduktion ohne Berücksichtigung von Energie und Bauwesen ging im März im Vergleich zu Februar um 0,4 % zurück. Die Energieerzeugung verzeichnete einen Rückgang von 4,2 %. Das Baugewerbe legte um 1,0 % und damit schwächer als in den zwei Vormonaten zu.

Zinsumfeld und EZB

Nach der Veröffentlichung der neuesten Daten zu Verbraucherpreisen und Wirtschaftswachstum äußerte sich EZB-Chefvolkswirt Philip Lane in einem Zeitungsinterview optimistischer über das Erreichen des EZB-Inflationsziels von 2 %. Sowohl die April-Schnellschätzung für die Inflation im Euroraum als auch die BIP-Zahlen für das erste Quartal haben Lanes Zuversicht gestärkt. Eurostat meldete einen Rückgang der Kerninflationsrate von 2,9 % auf 2,7 % und ein BIP-Wachstum um 0,3 %. Die meisten Finanzmarktakteure und Analysten erwarten, dass die EZB im Juni erstmals ihre Zinsen senken wird. Bezüglich der Zeit danach äußerte sich Lane nicht eindeutig, betonte jedoch, dass die Geldpolitik der US-Notenbank nur einen geringen Einfluss auf den Kurs der EZB haben werde.

Aktienkurse und Nvidia

Nach dem kurzen Rücksetzer im April legten die Aktienkurse wieder zu. Der DAX nimmt sogar Kurs auf seine Allzeithochs. Zinshoffnungen, eine schwindende geopolitische Risikowahrnehmung sowie positive Unternehmensberichte diesseits und jenseits des Atlantiks gaben den Aktienmärkten Rückenwind. Allerdings wird die Luft allmählich dünner, vor allem in den USA. Dort ist die Bewertung vergleichsweise hoch, was wenig Raum für Enttäuschungen lässt. Diese blieben in der laufenden Berichtssaison weitgehend aus. Allerdings steht der finale Test erst noch bevor: Der große KI-Highflyer Nvidia wird am 22. Mai seine Zahlen vorlegen. In der kommenden Handelswoche gehört die Bühne aber der US-Inflation: Wie die vergangenen Handelstage gezeigt haben, reagieren die Aktienmärkte weiterhin auf Veränderungen im Zinsumfeld.

Rohstoffe und Goldpreis

Fundamental spricht vieles für eine Fortsetzung der Korrektur beim Goldpreis – beispielsweise der deutliche Anstieg des Angebots im ersten Quartal 2024. Die Minenproduktion erhöhte sich um 4,4 % auf 893 Tonnen, und das Altgold-Recycling legte sogar um 12,5 % auf 351 Tonnen zu. Von der Nachfrageseite kamen gemischte Signale: Die Notenbanken waren mit 290 Tonnen auf der Käuferseite, Münzen/Barren legten um knapp 3 % auf 312 Tonnen zu, und die industrielle Nachfrage stieg um 10,4 % auf fast 79 Tonnen, während die Schmucknachfrage um 2 % auf 479 Tonnen fiel. Die Gold-ETCs hingegen waren in den ersten vier Monaten auf der Verkäuferseite. Ihre Bestände ermäßigten sich um 140 Tonnen. Unverändert sehr hohe Long-Positionen am Terminmarkt und gestiegene Zinsen sprechen ebenfalls für weiter fallende Goldpreise. Bis Jahresende prognostizieren wir Notierungen von 2.100 US-Dollar pro Feinunze.

Quelle:
LBBW Kapitalmaerkte_Weekly
Commerzbank Markteinschätzung

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